Aus Anlass des Tages der Kriminalitätsopfer 2021 hat der Polizeipräsident von Brandenburg, Oliver Stepien, den Landesvorsitzenden vom WEISSEN RING e.V., Jürgen Lüth, zu einem Gespräch empfangen. Grundlage bildete die Kooperationsvereinbarung aus dem Jahre 2019, die insbesondere die vertrauensvolle und fachkundige Zusammenarbeit zwischen dem WEISSEN RING und dem Polizeipräsidium regelt. Gerade unter den Bedingungen einer langanhaltenden Pandemie mit Covid 19 steht die partnerschaftliche Zusammenarbeit vor neuen Herausforderungen. Die Gesprächspartner stellten fest, dass die Zahl der polizeilich registrierten Straftaten landesweit 2020 um über 5 Prozent zurückgegangen ist.
Im Jahr 2020 registrierte die Polizei einen Anstieg von 19,8 Prozent der Fallzahlen im Bereich häuslicher Gewalt auf insgesamt 5.235 Fälle (+864 Fälle). Dass besonders Heranwachsende und Frauen unter 40 Jahren davon betroffen sind, ist nicht länger hinnehmbar, so der Landesvorsitzende Jürgen Lüth. Jetzt muss es darum gehen, dass den einzelnen Opfergruppen der Zugang zu den umfangreichen Hilfsangeboten vom WEISSEN RING und den anderen Hilfsorganisationen erleichtert wird. Ziel ist es, die Öffentlichkeit für die oft aussichtslose Situation von Kriminalitätsopfern zu sensibilisieren und ihnen Wege aufzuzeigen, wie sie aus dieser prekären Lage herauskommen.
Da die Polizei oft auch als erster Ansprechpartner für die Opfer vor Ort agiert, handeln die Polizeibeamten*innen im Rahmen des polizeilichen Opferschutzes und geben verschiedene Hilfsangebote (z. B. Flyer, Merkblätter, etc.) an die Opfer heraus. Lüth wird dazu entsprechende Materialien, u. a. ein Plakat mit Uwe Madel und der bundesweiten, kostenlosen Opfer-Telefonnummer 116006 vom WEISSEN RING zur Verfügung stellen.
Dabei geht es nicht nur um den Bereich häusliche Gewalt, sondern auch darum, den reisenden Tätern das Handwerk zu legen. Trotz umfassender Aufklärungsmaßnahmen fallen immer wieder ältere Menschen auf den Enkeltrick herein und geben gegenüber falschen Polizisten bereitwillig Auskunft über ihre persönliche Situation. Wobei sich die Trickbetrüger nur für das Geld interessieren. Häufig werden schwere Verkehrsunfälle nahestehender Personen angegeben, die sich entweder in Polizeigewahrsam befinden und nur mittels einer Kaution freigelassen werden bzw. Unfallopfer von einer Anzeige bei der Polizei absehen sollen. Der Anstieg in diesen Deliktfeldern von 550 auf über 2.000 im Jahre 2020 ist besorgniserregend und auch hier ist die Präventionsarbeit zu verstärken, so Lüth.
Insgesamt ist die hohe Dunkelziffer, insbesondere im Bereich der häuslichen Gewalt, aber auch im Zusammenhang mit Cyberkriminalität, eine große Herausforderung von allen gesellschaftlichen Gruppen. So klagen immer mehr Kinder und Jugendliche darüber, dass sie in der Schule, aber vor allem auch im Netz beleidigt, ausgegrenzt und misshandelt werden. Da die meisten Opfer den tätlichen Angriff erst sehr spät erkennen, sind körperliche und physische Schädigungen nicht ausgeschlossen.
Was Lüth besonders umtreibt, ist der Umstand, dass von den jährlich ca. 20.000 registrierten Opfern in Brandenburg nur ein Bruchteil die Hilfe und Unterstützung von Opferhilfevereinen in Anspruch nimmt. Anlässlich des Tages der Kriminalitätsopfer 2021 will der WEISSE RING sich der Thematik „Hass und Hetze“ widmen und darauf aufmerksam machen, dass Menschen im öffentlichen, aber auch im digitalen Raum, immer häufiger angegriffen und attackiert werden. Das betrifft insbesondere Einsatzkräfte der Polizei und der Feuerwehr sowie Rettungskräfte, selbst Ärzte verlangen immer öfter polizeilichen Schutz. Ebenso werden Menschen mit einer anderen Herkunft, mit dunkler Hautfarbe oder einem anderen Glauben angegriffen.
Von den über 1.000 Opfern, die beim WEISSEN RING 2020 Hilfe gesucht haben, konnten mehr als 600 Opfer finanziell unterstützt werden, u. a. in sieben Mordfällen, 116 Körperverletzungen; auch im Bereich häuslicher Gewalt konnte der WEISSE RING in 82 Opferfällen helfen. „Das“, so Lüth, „ist ein deutlicher Anstieg im Bereich häuslicher Gewalt und gegenüber dem Vorjahr in ausgewählten Außenstellen sogar um über 40 Prozent.“